Die Verunsicherung im Handwerk ist groß. Das belegt eine Umfrage der Kreishandwer-kerschaft Paderborn-Lippe. Die Betriebe klagen über den schleppenden Eingang von Neuaufträgen und blicken beunruhigt in den Herbst. Die Handwerksorganisation be-fürchtet: Eine schlechte Auftragslage könnte zu weniger Ausbildungsplätzen führen. Und das obwohl derzeit noch jeweils über 100 Betriebe in den Kreisen Paderborn und Lippe händeringend nach Nachwuchs für den Ausbildungsbeginn im August 2020 suchen.
„Dieser Trend wäre alarmierend, da aufgrund der demografischen Entwicklung dringend junge Fachkräfte im Handwerk gebraucht werden“, sagt der stv. Hauptgeschäftsführer der Kreis-handwerkerschaft Michael H. Lutter und fordert ein klares Bekenntnis der Politik zur dualen Ausbildung und zum Handwerk. „Die Politik ist auch bereit dem Profifußball den roten Teppich auszurollen. Dann können die Auszubildenden und die ausbildungsbereiten Betriebe nicht un-beachtet links liegen gelassen werden“, sagt Lutter.
Firmen, die ausbilden, seien ohnehin schon in der Minderheit, stellten aber für eine funktionie-rende Wirtschaft und eine pulsierende Gesellschaft ein besonders schützenwertes Gut dar. Be-nötigt würden jetzt handfeste Bonusprogramme für ausbildende Betriebe und gleichzeitig ein großangelegtes Hilfspaket zur Förderung der außerbetrieblichen Ausbildung. „Zur Unterstüt-zung des Ausbildungsmarktes gehen Soforthilfen, KfW-Kredite oder Staatsbürgschaften am Ziel vorbei“, meint Lutter. Die Förderung der betrieblichen Ausbildung müsse jetzt das oberste Ziel sein. Aber auch außerbetriebliche Angebote seien notwendig, um die schlimmsten Verwerfun-gen am Ausbildungsmarkt zu verhindern. „Es muss darum gehen, auch den jungen Menschen des Corona-Abschlussjahrgangs eine Perspektive im Handwerk zu bieten“, betont Lutter.
Erschwerend komme derzeit hinzu, dass ausbildungswillige Betriebe und ausbildungswillige junge Menschen gar nicht erst zusammenfinden. Die Anlaufstelle „Schule“ fehle und auch alle großen Ausbildungsmessen seien für dieses Jahr abgesagt. „Selbst unsere hauseigene Ausbil-dungsoffensive „Folge deinem ich“ ruht seit der Schließung der Schulen“, berichtet Lutter.
Die Handwerksorganisation sei nichts desto trotz intensiv bemüht, online Kontakt zu den jun-gen Menschen zu halten, obwohl das keinen vollwertigen Ersatz für die direkte, persönliche Ansprache darstelle.
Digitale Alternativangebote seinen derzeit in Planung. Denn laut des innerhalb der Kreishand-werkerschaft Paderborn-Lippe angesiedelten Projektes „Passgenaue Besetzung “ und dem Job-starterprojekt suchen aktuell noch für dieses im August beginnende Ausbildungsjahr sowohl in Paderborn als auch in Lippe jeweils mehr 100 Handwerksunternehmen händeringend nach Lehrlingen. „Und nicht zu vergessen, gibt es auch noch die andere Seite, nämlich die der Ju-gendlichen, die jetzt regelrecht in der Luft hängen und keine klare Perspektive entwickeln können“, so Lutter.
Im Juni startet die Kreishandwerkerschaft daher ein Digitales Speed-Dating mit Unterstützung von Radio Hochstift und Radio Lippe.